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Unternehmerisches Denken in die Schulen tragen

ThEx Young Entrepreneurs -

28. September 2023

Ein Interview mit Fabian Pfundmeier, Programmleiter von ThEx Young Entrepreneurs

Wie lassen sich junge Leute für Unternehmertum begeistern und warum ist Nachwuchsförderung eigentlich so wichtig? Was steckt hinter dem Bildungsansatz Entrepreneurship Education? Und wie ist das Ganze im ThEx Verbund verortet? Das Interview mit Fabian Pfundmeier, dem Programmleiter von ThEx Young Entrepreneurs, gewährt Einblicke, die diese Fragen beantworten.

Die bisherigen Programme im ThEx Verbund richten sich alle an Gründer:innen, Gründungswillige und Unternehmer:innen. Warum nun ein Projekt für junge Menschen im Kontext Schule?

Fabian Pfundmeier: Wir haben in Thüringen mit dem Thüringer Zentrum für Existenzgründung und Unternehmertum ein sehr gut ausgebautes Unterstützungsangebot für Menschen, die Interesse haben, ein Unternehmen zu gründen und für Bestandsunternehmen, die sich weiterentwickeln wollen. Ein Ziel des Verbundes ist aber auch, die Zahl der Gründungen in Thüringen zu fördern. Wir sind in Thüringen im bundesweiten Vergleich immer noch auf einem der hinteren Plätze. Wir wissen, dass es verschiedene Faktoren gibt, die dazu führen, dass Menschen ein Unternehmen gründen. Ein Faktor ist ihre unternehmerische Kompetenz. In Thüringen haben wir bisher sehr viel dafür getan, dass Menschen, die bereits die Entscheidung getroffen haben zu gründen, gut unterstützt werden. Wir haben aber noch wenig dafür getan, dass junge Menschen überhaupt auf die Idee kommen eine Selbstständigkeit ins Auge zu fassen. Das wollen wir mit unserem Projekt ändern, indem wir jungen Menschen in verschiedenen Angeboten unternehmerische Kompetenz vermitteln und sie mit positiven Rollenvorbildern in Kontakt bringen.


Was genau verbirgt sich denn hinter dem Begriff unternehmerische Kompetenz?

Unter unternehmerischer Kompetenz verstehen wir die Fähigkeit, eigene Ideen zu entwickeln und sie in die Tat umzusetzen. Das ist also eher ein Rahmenkonzept. Die erste Voraussetzung für unternehmerische Kompetenz ist, dass ich nicht alles als gegeben hinnehme, sondern meine Umwelt als veränderbar wahrnehme. Um meine Lebenswelt gestalten zu können, brauche ich die Kreativität, Ideen zu entwickeln, wie ich Dinge anders oder besser machen kann. Und wenn ich die Ideen habe, dann brauche ich wiederum die Fähigkeiten und das Durchsetzungsvermögen, Leute für meine Ideen zu begeistern, mir Unterstützung zu holen und die Ideen in die Tat umzusetzen. Das alles verbirgt sich hinter dem Begriff unternehmerische Kompetenz.


Das klingt nach einer Schlüsselkompetenz, die unbedingt in der Schule vermittelt werden sollte. Warum braucht es noch ein externes Angebot?

Die EU-Kommission hat bereits 2005 acht Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen festgelegt. Dazu zählen die Muttersprache, Fremdsprachen, Mathematik, Naturwissenschaften, aber auch unternehmerische Kompetenz. Wir wissen, dass die ersten vier genannten Punkte alle in der Schule mit eigenen Fächern gefördert werden. Tatsächlich wird unternehmerische Kompetenz mit diesem Begriff in den Rahmenlehrplänen der einzelnen Bundesländer, darunter auch Thüringen, nicht aufgegriffen. Wir haben im Rahmen des Wirtschaftsunterrichts einzelne Elemente, die unternehmerische Kompetenz als solche ist aber kein Thema, das in Schule explizit und gezielt vermittelt wird.

Im Grunde genommen hilft unternehmerische Kompetenz jedem Menschen in allen Facetten seines Alltags – sei es bei der Gestaltung des Privatlebens, als Arbeitnehmer:in oder Bürger:in. Aus der Wissenschaft wissen wir, dass Menschen mit einer ausgeprägten unternehmerischen Kompetenz eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit aufzeigen, im Laufe ihres Lebens selbst irgendwann mal unternehmerisch tätig zu werden. Das heißt, grundsätzlich erreichen wir damit eigentlich zwei Dinge: Wir stärken die Menschen für ihr Leben in allen Lebensbereichen und aus einer gesellschaftlichen Perspektive erhöhen wir auch noch die Wahrscheinlichkeit, dass Leute unternehmerisch tätig sind. Unternehmerisch ist hier aus meiner Perspektive im weiteren Sinne zu verstehen. Einerseits bedeutet es natürlich, Unternehmen zu gründen und aufzubauen. Andererseits bedeutet es für mich auch sozialunternehmerisch, politisch, künstlerisch oder kulturell tätig zu werden. Letztlich geht es immer darum Ideen zu entwickeln und umzusetzen, die auch einen Mehrwert für andere Menschen darstellen. Mir geht es darum, dass Menschen dann insgesamt verstärkt unternehmerisch-gestalterisch tätig sind, unabhängig von einem konkreten Bereich. Und ich glaube, davon profitieren alle. Deswegen ist uns die Vermittlung dieser Schlüsselkompetenz auch so ein großes Anliegen.


Jetzt sind wir schon mitten im Thema: Fabian, kannst du uns das Programm ThEx Young Entrepreneurs kurz vorstellen? Was macht ihr genau?

ThEx Young Entrepreneurs ist am 1. Januar 2023 gestartet und ist das erste Programm im ThEx-Verbund, dass sich explizit an die Zielgruppe junger Menschen, konkret Schüler:innen richtet. Auftrag des Programms ist es, im Rahmen verschiedener Angebote junge Menschen für das Thema Unternehmertum zu sensibilisieren und ihre unternehmerische Kompetenz zu fördern. Außerdem haben die Schüler:innen durch unsere Angebote die Gelegenheit, Thüringer Gründer:innen und Unternehmer:innen kennenzulernen.

Was tun wir konkret?

  1. Wir haben ein jährlich stattfindendes Camp für 30 Schüler:innen aus den Klassenstufen 8 bis 12. In dem Camp suchen sich die Teilnehmenden eine Herausforderung an ihrer Schule oder aus ihrer Lebenswelt und werden von uns unterstützt, in kleinen Teams dafür eine eigene Lösung zu erarbeiten, einen Prototypen zu bauen, den sie am Ende des Camps relevanten Personen vorstellen. Nach Möglichkeit begleiten wir die Teams dann auch noch bei der Umsetzung.
  2. Zusätzlich haben wir pro Schulhalbjahr ein Herausforderungsformat, in dem wir alle Schulen in einem Schulamtsbereich einladen, mit kleinen Teams, ebenfalls aus den Klassenstufen 8 bis 12 an einer von uns gestellten Herausforderung eigene Lösungen zu erarbeiten. Auch dabei begleiten und unterstützen wir die Teams und bringen sie mit Thüringer Gründer:innen und Unternehmer:innen zusammen.
  3. Gleichzeitig bauen wir ein Netzwerk von außerschulischen Bildungsakteur:innen in Thüringen auf, die alle im weitesten Sinne unternehmerische Angebote für Schulen bereithalten. Ziel des Netzwerks ist es, sich abzustimmen und die Angebote besser zu verzahnen, um so den Schulen noch passendere Angebote machen zu können.
  4. Damit die Angebote auch gut dort ankommen, können sich Lehrkräfte an weiterführenden Schulen kostenfrei von uns beraten lassen. In der Beratung schauen wir darauf, welche Angebote in Thüringen verfügbar sind und treffen eine passende Auswahl je nach Schulform, Fach und Klassenstufe.

Grundsätzlich ist der Rahmen für all unsere Tätigkeiten und Methoden im Programm ThEx YE das weite Feld der Entrepreneurship Education.


Was genau steckt denn hinter Entrepreneurship Education?

Unter Entrepreneurship Education versteht man letztlich alle Methoden und Ansätze, um unternehmerische Kompetenz bei jungen Menschen zu fördern. Die Herangehensweise, die mir am besten gefällt, nennt sich „entrepreneurial challenge based learning“ – das Lernen an unternehmerischen Herausforderungen. Letzten Endes geht es dabei immer darum, dass man gemeinsam mit den jungen Leuten ein Thema, dass sie beschäftigt – eine Herausforderung aus ihrer direkten Lebenswelt, aus der Schule, aus der Kommune, aus dem Freundeskreis – sucht, das von ihnen als Problem oder Herausforderung wahrgenommen wird. Dann gilt es gemeinsam an einer echten Lösung dafür zu arbeiten. Das kann zum Beispiel mit Methoden des „Design Thinking“ sein. Dann wird vielleicht ein Prototyp erstellt und die Lösung wird mit betroffenen Personen diskutiert. Es geht immer darum, sehr praxisnah, also an der Lebenswelt und an realen Problemen orientierte Lösungen zu erarbeiten und diese nach Möglichkeit auch noch zur Umsetzung zu bringen. Und genau diese Praxisnähe und diese Handlungsorientierung sind es, die mir besonders gut gefallen und die normalerweise für die Teilnehmenden auch sehr motivierend sind.


In den Medien dreht es sich seit einiger Zeit fast ausschließlich um Themen wie den Krieg in der Ukraine und den Klimawandel. Sind unternehmerische Kompetenz und Entrepreneurship Education für die aktuellen Herausforderungen überhaupt noch zeitgemäße Konzepte?

Ich denke wir sind uns einig, dass wir momentan in einer Welt leben, die geprägt ist von einer hohen Geschwindigkeit an (teils disruptiven) Veränderungen. Durch die Globalisierung sind auch große Themen wie globale Pandemien oder die Klimakrise deutlich mehr in den Fokus unseres Alltags gerückt. Und ich glaube, junge Menschen wachsen heute in einer Welt auf, die für sie eine hohe Unsicherheit mit Blick auf ihre Zukunft bereithält und die sehr komplex geworden ist. Es gibt nicht mehr das eine vorherrschende Wertesystem, sondern Werte werden immer wieder neu verhandelt. Grundsätzlich brauchen junge Menschen ein Bündel an Fähigkeiten und Kompetenzen, dass sie in die Lage versetzt, sich gut in dieser komplexen, sich verändernden Welt zurechtzufinden und sie darüber hinaus auch aktiv mitzugestalten. Ich würde sagen, die Fähigkeit, die Welt als veränderbar wahrzunehmen, dafür eigene Ideen zu entwickeln und diese auch in die Tat umzusetzen –das ist eine Fähigkeit, die war schon immer wichtig, ist aber in unserer jetzigen und zukünftigen Welt noch einmal von größerer Bedeutung als je zuvor. Wir brauchen eine Generation an Gestalter:innen, die auch die Gesellschaft von morgen aktiv formt. Dafür braucht es junge Menschen, die eben genau diese Kompetenzen mitbringen.

Die Frage für uns ist natürlich: Wie gut bereitet unsere Gesellschaft, aber vor allem auch unser Bildungssystem junge Menschen darauf vor, Verantwortung zu übernehmen, Ideen zu entwickeln und Dinge zu gestalten? Ich denke, da haben wir noch Entwicklungspotenzial. Eben genau weil das Erlernen dieser unternehmerischen Kompetenz bisher nicht flächendeckend in Lehrplänen oder in den Bildungsplänen verankert ist.


Was ist dein Wunsch oder deine Vision als Projektleiter von ThEx Young Entrepreneurs? Was möchtest du bestenfalls mit dem Programm erreichen?

Meine Vision ist, dass junge Menschen im Laufe ihrer Bildungskarriere die Möglichkeit haben, sich sehr praxis- und handlungsorientiert mit den Themen zu beschäftigen, die sie bewegen und lernen, dafür eigene Ideen und Lösungen zu entwickeln. Wenn es uns gelingt, mit unseren Programmangeboten dazu beizutragen, freut mich das ungemein.


Ein wunderbarer Abschluss. Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview wurde geführt von Melanie Pabst, Mitarbeiterin im Kommunikationsteam der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung.

Das Programm ThEx Young Entrepreneurs der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung startete im Januar 2023 im Verbund des Thüringer Zentrums für Existenzgründung und Unternehmertum. ThEx Young Entrepreneurs ist kofinanziert durch die Europäische Union und das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft.

Weitere Informationen finden Sie unter https://www.thex.de/young-entrepreneurs/ und https://www.dkjs.de/thex-young-entrepreneurs/

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